Ein ergonomisches, gut sitzendes Geschirr – Warum ist das so wichtig?
Was sagt die Wissenschaft?
Das klassische Norwegergeschirr war über viele Jahre hinweg der Standarttyp an Geschirrformen für das Blindenführhundgeschirr, auch jetzt ist es noch sehr stark verbreitet.
Doch seit einigen Jahren findet ein Umdenken statt.
Die Geschirrhersteller stellen nun auch Y-Geschirre her, auch wenn dies schon lange vorher hätte passieren müssen.
Das die Norwegergeschirre auf Dauer zu gesundheitlichen Problemen beim Führhund führen ist schon lange wissenschaftlich belegt.
Viele Führhunde leiden an Schulterproblemen, Rückenerkrankungen und Lahmheiten der Extremitäten.
Sieht man sich die Wissenschaftlichen Studien an so erkennt man schnell wo die Probleme liegen.
( Bilder von Brigitte Jost - Tier Physitherapie, danke dir Brigitte für die Freigabe der Bilder und Texte )
In diesem Bild sieht man bei einem Norwegergeschirr, wie der Brustriemen über die Schulterblätter des Hundes verläuft.
Dies führt zu einer Bewegungseinschränkung des Schulterblattes und zur Kurztrittigkeit, der Vorderläufe, des Hundes.
Bei diesem Bild ist Zug auf dem Geschirr zu erkennen und man sieht angedeutet die Muskelatur des Hundes.
Der Brustriemen rutscht in dieser Ansicht zu hoch und drückt auf die Luftröhre.
Ergebnis ist das der Hund schlechter Luft bekommt und röchelt.
Das Norwegergeschirr noch einmal etwas anders erklärt:
Der Drehpunkt der oberen Extremität befindet sich bei uns Menschen - wie wir alle wissen - im Schultergelenk.
Ganz anders beim Hund: Seit der Jeaner Studie zur Fortbewegung der Hunde wissen wir, dass sich der Drehpunkt der Vorderen Extremität im oberen Teil des Schulterblattes befindet.
Da das Schulterblatt kein Gelenk mit Kopf und Pfanne ist, sondern sich die Knochenplatte rein von Muskelatur geführt, auf den Rippen hin und her bewegt, bewegt sich auch dieser Drehpunkt während der Bewegung nach vorne, respektive kopfwärts.
Der horizentale Quergurt des Norwegergeschirrs legt sich wunderbar um das Schulterblatt des Hundes herum und behindert somit beim physiologischem Drehen. Auf den Menschen übertragen entspricht das einem Band, das wir uns um den Brustkorb und die Oberarme legen, um dann damit wandern zu gehen. Das Armpendeln wird (entsprechend dem Gleiten und Drehen des Hundeschulterblattes) behindert. Zwar ist es durchaus möglich zu wandern. Aber zweifellos wäre das ziemlich unangenehm. Und das alleine genügt mir persönlich, um mich zu fragen: Wieso sollte ich das einem Hund anziehen, wo es doch so viele Alternativen gibt?
Quelle: Fischer M.S., Lilje K.E. (2011). Hunde in Bewegung. VDH Service GmbH. Dortmund. Franckh-Kosmos-Verlag-GmbH & Co.KG. Stuttgart.
Wie ein Norwegergeschirr auf dem Skelett sitzt:
- Darstellung 1: gut sitzend, aber trotzdem noch die Bewegung einschränkend
- Darstellung 2: zu tief und somit stark die Vorderläufe behindernd
- Darstellung 3: zu hoch, stark auf die Luftröhre drückend.
Anders bei einem Y-Geschirr.
Hier liegen die Schulterblätter frei und werden nicht behindert.
Auch bei einem Y- Geschirr ist dringend darauf zu achten das das Geschirr optimal sitzt !
Bei einem Untergurt der gerade und relativ hart ist ( der Untergurt verläuft zwischen den Vorderläufen ), kann dieser über das spitze Brustbein kippen und in eine der Achseln rutschen.
Hier kann er Scheuerstellen verursachen und Nerven einklemmen.
In der nachfolgenden Darstellung sieht man einen verrutschten Untergurt, auf dem letzten Bild der Darstellung sieht man ein gut sitzendes Y-Geschirr.
Um ein hineinrutschen in die Achsel zu verhindern nutzen wir einen doppelten Untergurt der sich automatisch rechts und links vom Brustbein setzt und so ein verrutschen verhindert.
Hierbei ist die individelle Körperform des Hundes zu beachten, z.B. hat eine Bulldogge einen sehr weiten Abstand der Vorderläufe, ein Schäferhund hat nahe beieinander stehende Vorderläufe.
Ein zu hoch sitzender Halsausschnitt kann auf die Luftröhre drücken.
Der höchste Punkt des Halsausschnittes sollte unterhalb des Brustbeines sitzen.
Auch sollte der Brustgurt mindestens einen 2 Finger breiten Abstand zu den Vorderläufen haben.